HAZ Garbsen vom 10.09.2024
Fahrrad kaputt? Wolfgang Schwetje holt
es ab – und füllt damit eine Marktlücke
Die Warteliste ist lang: Zweirad-Basis bietet Hol- und Bringdienst für Fahrradreparaturen an
Von Julia Braun
Havelse. Den nächsten freien Termin für den mobilen Service gibt es in zwei Monaten. Wolfgang Schwetje und sein Sohn Niklas Kneifel vom Geschäft Zweirad-Basis in Havelse verkaufen und reparieren nicht nur E-Bikes und viele andere Räder. Schwetje holt kaputte Fahrräder auch mit seinem Transporter ab, bringt sie instand gesetzt zurück –
und kann sich vor Aufträgen nicht retten. Auf diese Weise verarzten Vater und Sohn um die 15 Räder wöchentlich, „aber wir könnten auch 25 Aufträge annehmen“, sagt Zweiradmechatroniker Schwetje. Für die riesige Nachfrage gibt es mehrere Gründe. „Viele Leute können ihre Räder nicht mehr selbst reparieren. Es ist zu kompliziert geworden“,
sagt Schwetje. Gerade bei E-Bikes brauche man dafür besondere Kenntnisse, „sonst kann da eine Menge schiefgehen, und das wird teuer“, weiß der Geschäftsinhaber.
Aber auch für andere Räder gilt: „Für vieles braucht man Spezialwerkzeug, manche Reifen kriegt man sonst gar nicht mehr runter.“
Der häufigste Anlass, weshalb sich Menschen an ihn wenden, ist ein Klassiker. „Ungefähr 60 Prozent haben einen Platten“, sagt Schwetje und lacht. Bei anderen ist die Kette gerissen, es gibt Probleme mit der Schaltung oder die Bremsen sind
hin. Nicht selten würden sich die Leute erst melden, wenn gar nichts mehr geht. „Bei einem Kunden war einmal der komplette Belag weggebremst“, sagt der 31-jährige NiklasKneifel. „Das hätte man früher merken können, denn es macht einen höllischen Lärm.“ Und es gibt noch einen weiteren
Grund, weswegen Schwetje und Kneifel viele Kunden vertrösten müssen. „Wir finden kein Personal“, sagen Chef und Juniorchef, „und wir haben nun mal nur vier Hände.“ Die
Ausbildung zum Zweiradmechatroniker dauere dreieinhalb Jahre und werde immer anspruchsvoller, weil sich Technik und Ausstattung rasant weiterentwickeln. „Wir können nur so viele Aufträge annehmen, wie wir schaffen, wir dürfen uns nicht verzetteln“, sagt der 62-jährige Schwetje. Auch deshalb hängt ein Schild mit der Aufschrift „Eintritt nur mit Termin“ an
seiner Tür. „Wir können unsere Arbeit nicht alle zehn Minuten
unterbrechen, sonst kommen wir nicht weit.“ Dennoch würden viele Menschen spontan die Tür öffnen, und sein Telefon klingele auch sonntagmittags oder am Abend um 22 Uhr. „Jeder möchte eben, dass wir sofort losfahren“, sagt er mit
einem Seufzen. Schwetje bietet seinen Service in einem großzügigen Radius an. „Ich fahre alles an, was ich bei normalem Verkehr innerhalb von 20 Minuten erreiche“, sagt der Garbsener. Doch es bleibt nicht bei Kunden aus Langenhagen,
Seelze, Neustadt und Co. „Wir hatten auch schon Anrufe aus Detmold und Bielefeld.“ Dieses Interesse zeugt auch vom
gestiegenen Stellenwert des Fahrrads. „In den Corona-Jahren gab es einen richtigen Fahrradboom“, hat der Experte beobachtet, „und der reißt einfach nicht ab.“ Viele Menschen
besäßen inzwischen zwei bis vier Räder, „so wie Köche Messer für jedes Gericht haben. Das gehört für die Menschen zum Lifestyle.“ Wolfgang Schwetje ist begeisterter Radsportler, trainierte früher jugendliche Mountainbiker und gab
Spinningkurse. „Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht, aber jetzt habe ich keine Zeit mehr für mein Hobby“, resümiert er angesichts seiner Auftragslage. Unter 60 Arbeitsstunden pro Woche käme er nie davon. „Ich frage mich, wann ich in Rente gehen soll“, sagt der 62-Jährige, der sich freut, dass sein Sohn bei ihm eingestiegen ist. „Der Juniorchef“, sagt Schwetje stolz,
„ist in der Spur.“